358° Löwenprozesse

Interdisziplinäres Modul Hochschule Luzern Design & Kunst

Denkmäler werden gemacht, um zu überdauern, aber wissen wir nach einiger Zeit immer noch, wofür sie stehen? Sind ihre Ziele und Bedeutungen nachhaltig? Wie können wir heute mit diesem Umfeld umgehen? Wie können wir zu einem breiteren Diskurs über Denkmäler und Gedenkstätten beitragen? Im Frühjahr 2020 während des Lockdowns sind Studierende verschiedenster Semester und Studienrichtungen der Hochschule Luzern Design & Kunst diesen zentralen Fragestellungen nachgegangen und erkundeten Phänomene des Luzerner Löwendenkmals. L21 gibt Einblick in diese gleichermassen prozesshafte wie umfassende Annäherung.

Monika Ernst

Sagenumwobener Löwe am Beispiel: «Die grössten Chügelipastetli» 

Monika Ernst erkundet das Areal rund um das Löwendenkmal mithilfe von Sagen und findet dadurch Möglichkeiten, das Denkmal anders zu interpretieren. Gegenstände, Objekte und Natur-Formationen erscheinen plötzlich in einem ungewohnten Kontext. Die neuen Sagen werden mit dem alten Handwerk des Holzschnitts ausgearbeitet, um die Geschichten anschließend auf einseitigen Bilderbögen zu verbreiten.

Sophie Germanier

Angels of Zürich

Sophie Germanier ist in Zürich auf Engel-Suche gegangen. Die Zwinglistadt hält offensichtlich nicht viel von Engel, wohingegen Löwen omnipräsent zu sein scheinen. Sind Löwen vielleicht die Engel von Zürich? Zwei Löwen trotzen auf dem Zürcher Wappen und wollen symbolisch für Stärke, Kühnheit und Furchtlosigkeit stehen. Löwen schmücken Fassaden und bewachen Eingänge von «furchtlosen» Gebäuden. Es handelt sich meistens um nationalistisch romantische Architektur, in denen verschiedene Versicherungsfirmen, Banken oder Politiker*innen ihre Geschäfte abhandeln und Löwen zum Vorschein treten. Fungieren Löwen, genauso wie Engel auch, als Überbringer einer Botschaft zur Erhaltung einer Macht, wobei es nicht um den individuellen Löwen geht, sondern um die Repräsentation durch irgendeinen Löwen, der beliebig austauschbar ist? Wessen Macht dient der Löwe als Bote in Zürich? Und was für eine Botschaft überbringt er? 

Ein Audiowalk führt durch die Stadt und besucht die mächtigen Löwen und die stillen Engel 

Deborah Luder

Der Löwe, die Gardisten und Ich – eine Kartographie des Denkens

In ihrer Arbeit geht Deborah Luder einer Assoziationskette nach, die bei ihr selbst und dem Löwendenkmal beginnt.
Die Kette spannt sich zwischen bedeutenden historischen Ereignissen und banalen persönlichen Erlebnissen, sodass eine visuelle Hin- und Herbewegung in «Gewichtungen» und «Schichtungen» entsteht. Deborah Luders diagrammartige «Aufzeichnung» beschreibt den Lauf einer Ereigniskette, bei dem das geschichtsvolle Löwendenkmal mit der persönlichen Sicht verwoben ist. Sie schafft auf diese Weise einen neuen Kontext, der das Löwendenkmal und die ihn betreffenden historischen Ereignisse mit individuellen Begleitumständen und Geschichten auflädt. 

 

Julie von Wegen

staubdumm 

Mader Julie setzt sich mit dem Löwendenkmal literarisch auseinander. Ihr Text «staubdumm» bringt den Steinlöwen in ein zeitliches Gefälle… 

 

Théodore Perriard

Versteckte Monumente unseres Alltags

Perriard Théodore sucht nach Monumenten, die in unseren alltäglichen Gewohnheiten so sehr eingeschrieben sind, dass ihre Monumentalität sowohl formal als auch inhaltlich verborgen bleibt. Am Beispiel von Strommasten veranschaulicht er derlei Objekte mit definierten Aufgaben. So scheinen diese Bauten in ihrer Rolle der Nutzfunktion gefangen zu sein, ohne jemals als Monument in Betracht gezogen zu werden. Doch sind diese riesigen Gestalten nicht auch Monumente des Fortschritts, der Errungenschaften und des Weiterentwickelns unserer Möglichkeiten?  

Perriard möchte seine fotografische Auseinandersetzung in einer Art Sammlung oder Publikation präsentieren, die den Aspekt der monumentalen Schönheit dieser Objekte in den Vordergrund stellt und den Begriff des Monuments hinterfragt.  

Fadri Pitsch

Von Neuem geboren

Die Arbeit von Fadri Pitsch geht vom Zustand eines verwesenden Löwen aus. Die wenige Lebenskraft, die ihn noch umgibt, rührt von der Repräsentation der Soldaten, für die er ein Denkmal ist. Fadri Pitsch entwickelt daraus eine Animation, bei der die Seelen der Soldaten dem Löwen entsteigen und im Universum aufgehen, während der Löwe durch eine schwarze Masse aufgelöst wird. Der auf diese Weise entstehende Kreislauf zwischen Auflösung der Materie und Seelenfreiheit konfrontiert mit dem Sterbensprozess einerseits und der Idee eines Übergangs in andere Zustände andererseits. 

Die Animation ist als digitale Installation geplant, die mit VRBrillen erlebbar wird. Betrachter*innen können sich um das Objekt bewegen und es von allen Seiten anschauen. Die Installation solltein einem leeren, abgedunkelten Raum von 2m x 5m Grösse präsentiert werden. Zusätzlich zur digitalen Visualisierung werden Headsets mit Noise Cancelling angeboten, um Hintergrundgeräusche auszublenden. 

Marvin Prinz

Magnetic aesthetics

Marvin Prinz künstlerischer Prozess beginnt bei der nahezu «magnetischen Anziehung» des Löwendenkmals und löst sich im nächsten Moment davon – hin zu einem offenen Ansatz: die «Magnetic aesthetics»untersuchen magnetische Objekte mit der Frage, ob es eine ästhetische Kohärenz zwischen potenziell magnetischen Objekten gibt bzw. ob eine physikalische Kraft ästhetisch sein kann.   

Dieser Fokus führt zu Objekten, die Marvin Prinz als Präsentationfläche nutzt, um zweidimensionale Arbeiten wie bspw. Fotos oder Zeichnungen mithilfe von Magneten an ihnen anzubringen. Zum gegebenen Zeitpunkt handelt es sich bei diesen Objekten vor allem Kochutensilien und kaputte Autoteile. Seine Suche nach magnetischen Objekten führt ihn jedoch auch in den öffentlichen Raum. Das Endprodukt wird sehr wahrscheinlich eine Fotoserie dieser installativen Arbeiten sein.  

Giada Rastelli

Involvement with the Surroundings

Giada Rastelli beschäftigen Orte, die eine besondere Zuschreibung erfahren. Mit diesem Zugang will sie das Konzept des Denkmals überdenken und auf alltägliche Orte neues Licht werfen. Mit Hilfe von kurzen Videos und einfachen Animationen wird sie ihr Vorhaben ausschliesslich digital realisieren und bestimmten Orten, die für die Mehrheit wahrscheinlich keinen Wert haben, Bedeutung geben. Die daraus entstehende Serie von Mini-Animationen möchte sie voraussichtlich in sozialen Medien veröffentlichen.

 

Nadine Habermacher

Dem Leben eine Form geben

Eines Tages werde ich klar sehen, ich werde Dich erkennen.
Und dann ergibt alles einen Sinn.
Doch bis dahin will ich Dich bei mir tragen, will Dir eine Form geben, zu meiner Erinnerung. 

Anna Lena Eggenberg

Very Efficient Learning

«Very Efficient Learning» beschäftigt sich mit menschlichen neuronalen Gedächtnismustern (synaptische Plastizität), die durch Lernprozesse entstehen und dabei dem Gehirn eine individuelle Struktur und Form geben. Die Künstlerin fragt wie und wo sich öffentliche Erinnerungskultur tatsächlich manifestiert. 

Auf der Suche nach einer möglichen Visualisierung eines Lernprozesses, der als Gesamtheit die Pfade der Erinnerung aufzeichnet, entwickelte Anna Lena Eggenberg, angelehnt an das Major System (mnemotechnisches Verfahren, um Gedächtnisleistung zu steigern), ein eigenes gestisches Assoziationssystem.  

Lexy Ottwald

Sold

Immer wieder gab es aus Anlass von Jubiläen des Löwendenkmals Gedenkmünzen für die verstorbenen Soldaten. Unterdessen ist das Löwendenkmal primär ein Tourist*innenort und der historische Bezug weitgehend verdrängt. Den historischen Ereignissen und insbesondere dem Söldnerwesen der Schweiz stehen wir heute zudem kritisch gegenüber.  

Lexy Ottwalds Gedenkmünze «Sold» greift daher das 200-jährige Bestehen des Löwendenkmals aus kritischen Gesichtspunkten auf und hinterfragt den Tourismus ebenso wie das Söldnerwesen. Im Kern berührt ihre Arbeit die Frage, was wir bereit sind für Geld zu tun.